Churchill und die Arche – Religionspädagogik mit Pfarrer Mirko Lipski-Reinhardt

Seit zwei Jahren betreut Pfarrer Mirko Lipski-Reinhardt den Pfarrbezirk Bruckhausen der Ev. Kirchengemeinde Hünxe. Gebürtig aus Mülheim, studierte er in Wuppertal, Oslo und Berlin, war zunächst in der Gemeinde Spellen-Friedrichsfeld tätig und ließ sich dann zusammen mit seinem Mann in Hünxe-Bruckhausen nieder. „Back to the roots! Meine Mutter stammt aus Voerde-Möllen“, erklärt er seine Verbundenheit mit dem eher ländlichen Standort, der doch so nahe an der Großstadt Ruhrgebiet liegt.

33 Jahre jung, stellt er sich immer wieder die Frage, wo seine Anknüpfungspunkte an Kirche wären, wenn er nicht gerade bei Kirche arbeiten würde. Die Antworten scheinen aus dem Leben gegriffen, denn sowohl die „Kinderkirche“ als auch das Jugendhaus „Brucklyn“, die Spätschichtgottesdienste für junge Erwachsene, aber auch das Repair-Café, wo Frauen und Männer aus der Gemeinde kaputte Alltagsgegenstände reparieren, sind gut besucht.

„Seine“ Kirche „Unsere Arche“ hat einen ganz besonderen Charme: Ende der 1980er Jahre beschloss man, das Gemeindehaus zu einem Gemeindezentrum mit Kirchraum und Glockenturm zu erweitern. Das Altarfenster wurde 1992 von dem Künstler Alfred Grimm – Schüler von Bobek und Beuys – gestaltet. Beim genaueren Hinsehen erkennt man Fliegendraht, eine Pistole, Munition, eine Brille, einen Fisch und vieles mehr. Den Altar ziert ein Glaskreuz mit eingeschlagenen Nägeln, ebenfalls ein Werk von Grimm aus dem Jahr 2006.

Für Lipski-Reinhardts (Kita-)Kinder also viel zu entdecken, doch zunächst kam Corona. Und mit Corona die Herausforderung: Wie die Kinder erreichen, wo doch auch in der Ev. Kita Kleine Arche – Ev. Kinderwelt Dinslaken – Betretungsverbot herrschte. Die Antwort war schnell gefunden. Zusammen mit seinem Team etablierte Mirko Lipski-Reinhardt einen digitalen Gottesdienst. Per Laptop schaltete er sich der Kita zu und erzählte biblische Geschichten. Doch halt! Er erzählte nicht selbst, sondern ließ erzählen. Und zwar niemand geringeren als die uralte Schildkröte Churchill.

Der Name entstand aus den englischen Begriffen „Church“ und „chill“, zusammengezogen zu „Churchill“. Im Gespräch mit Churchill stellt sich heraus, dass dieser bereits auf der Arche gefahren war. Zusammen mit seiner Partnerin und seinem Freund, dem Gecko Gregor – den er unlängst in Friedrichsfeld wiedertraf – sowie dessen Partnerin belegte Churchill auf der Arche eine Vierer-Kabine. „Dann zog ich ne Weile mit Jesus rum und dann hat’s mich irgendwann nach Bruckhausen verschlagen“, erzählt Churchill fröhlich.

Auch bei den digitalen Kindergottesdiensten war Churchill dabei. „Zunächst nahmen nur wenige Kinder teil“, berichtetLipski-Reinhardt über die Anfänge. „Aber dann haben wir das im Rat der Einrichtung in der Kita publik gemacht und Aushänge an die Kita gehängt und schließlich und endlich waren bis zu dreißig Kinder dabei.“ Diese wurden vorher angemeldet, damit man dementsprechend vorbereiten konnte. Für jede „Kinderkirche“ wurden Tüten mit Liederzetteln und Bastelmaterial gepackt und den Kindern nach Hause geliefert. „Viel Arbeit, aber es hat Spaß gemacht“, so Lipski-Reinhardts Urteil.

Am 2. Oktober fand die erste Kinderkirche in Präsenz statt. Auch dafür mussten die Kinder angemeldet werden, um alle notwendigen Abstandsregeln einhalten zu können. „Die Liturgie und das Erzählen biblischer Geschichten erlebten die Kinder gemeinsam mit ihren Familien“, erläutert Lipski-Reinhardt. „Während des Bastelns aber zogen sich die Eltern zurück und genossen die Zeit für einen Austausch bei Kaffee und Plätzchen.“

Auch die Kinder zeigen sich jetzt, da die Kirche auch von der Kita wieder besucht wird, interessiert am Raum Kirche und den liturgischen Gegenständen. Da ist zB das bereits beschriebene Altarfenster. Hier gibt es für die Kinder – und nicht nur für sie! – viel zu entdecken! Das jedoch erst auf den zweiten Blick. Beim ersten Blick erschließen sich nur die kräftigen, ansprechenden Farben, durch die das Licht in einen hellen, weiten, offenen Raum fällt, der zum Erkunden einlädt.

Mirko Lipski-Reinhardt zeigt sich ganz entspannt: „Die Kinder dürfen alles aus der Nähe anschauen und auch anfassen. Beim Gottesdienst sitzen sie auf dem Boden, dafür haben wir extra Sitzkissen angeschafft. Und besonderes Highlight ist immer, wenn die Kinder die Glocke ausschalten dürfen. Dafür gibt es einen Extra-Knopf…“

Welches Glaubensbekenntnis die Kinder haben, ist Lipski-Reinhardt egal: „Wir fragen doch nicht nach einem Nachweis, nach Mitgliedschaft oder Taufe. Bei uns sind alle willkommen. Und es kommen auch alle…“ Das ist seiner Ansicht nach für die Zukunft von Kirche auch essentiell. „Das jüdisch-christliche Erbe hat die Gesellschaft tief geprägt und bestimmt den Jahreskreis“, beschreibt der Pfarrer. „Insofern hat Volkskirche Bestand in dem Sinne, dass die Botschaft nach wie vor weit gestreut wird und Menschen aller Kulturen und mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Hintergründen integriert.“ Das Bekenntnis wird vielleicht eher nachrangig sein.

Inzwischen ist Schildkröte Churchill aufgewacht. „Is‘ schon zu Ende?“ fragt Churchill verschlafen. Etwas langweilig war es für ihn. Lieber erzählt er den Kindern Geschichten aus der Vergangenheit: Wie es auf der Arche zuging. Seine Wanderschaft mit Jesus und was er dort alles erlebt hat. Hoffen wir, dass er seinen Kollegen, den Pfarrer Mirko Lipski-Reinhardt, noch lange unterstützt!

Text und Foto: Isabel Uhlenhut